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Die Komik des Würdeschnitts

Kommentar zur Beschneidungsdebatte

zum Urteil des Kölner Landgerichtes 151 Ns 169/11 vom 7. 05. 2012

V 2.0

 

Jetzt reicht's! Eigentlich wollte ich mich zu diesem Thema nicht äußern, da kritische Äußerungen zu großen Weltreligionen immer problematisch sind, zumal wir hier in Deutschland wegen des Holocausts ganz schnell in die Ecke des Straftäters gedrängt werden. Doch heute am 17. Juli 2012 berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger, dass unsere Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, nicht wolle, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt sei, in dem Juden nicht ihre Riten ausüben könnten.

"Wir machen uns ja sonst zur Komiker-Nation."

soll sie nach Angaben von Teilnehmern gesagt haben. Deshalb hier mein Kommentar:

 

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel!

 

Darf ich Sie an unser Grundgesetzes, die unveräußerliche Grundlage unseres Rechtssystems, erinnern:

Artikel 1 GG

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

 

Artikel 2 GG

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

 

Die Richter des Kölner Landgerichtes haben Charakter gezeigt, als sie im Hinblick auf diese Rechtsgrundlage die Beschneidung von unmündigen Kindern auch mit Blick auf religiöse Traditionen als rechtswidrig erklärten. Diese Charakterstärke hätte man auch jenen Richtern gewünscht, die seinerzeit die Würde des Mörders höher einschätzten als das Recht auf Leben seines Opfers und somit den Würdemord als verfassungskonform deklarierten, die nothelfenden Polizisten bestraften und dem Mörder 3000 Euro Entschädigung zusprachen.

 

Sie, verehrte Frau Dr. Merkel, deklarieren nun die Beschneidung von unmündigen Kindern, die ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit noch nicht selber einfordern können, als verfassungskonform mit der Würde des Menschen und kreieren so unbedarft das Rechtsgut

 

Würdeschnitt.

 

Das ist nicht mehr komisch! Das ist Verrat an der säkularen Entwicklung der letzten hundert Jahren auf unserem Kontinent. Wir haben hier in Europa mit vielen Opfern und Bedrängnis diese Loslösung von religiöser Indoktrination unter Wahrung rationaler Toleranz erkämpft. Darf ich Sie daran erinnern, dass selbst die katholische Kirche, unrühmlicher Hort traditioneller Dogmen, 1962 das Fest der Beschneidung des Herrn abgeschafft hat! Wir müssen das Erreichte verteidigen und dürfen nicht mit falsch verstandener Toleranz klein beigeben. Wie sollte sich sonst etwas in den archaischen Riten zweier Weltreligionen je etwas ändern? 

 

Woher kommt eigentlich der Ritus der Beschneidung? Bis vor etwa 3800 Jahren war es üblich, den Göttern Menschenopfer darzubringen, um sie zu besänftigen. Der erstgeborene Knabe war das höchste Opfer, das ein junger Vater den Göttern schenken konnte. Er war, wie übrigens auch die heutigen Gläubigen, überzeugt davon, seinem Gott bzw. Göttern aufopferungsvoll zu dienen. Die Bibel berichtet darüber. Die Bibel berichtet aber auch verklausuliert darüber, dass offenbar rationale Zweifel ob dieses Brauchs in den Menschen aufkamen, so auch bestimmt in Abraham, einer Respektsperson der damaligen Gesellschaft. Deren Religionsführer mussten sich somit offensichtlich notgedrungen in langwierigen gedanklichen Prozessen mit diesem Zeitgeist auseinandersetzen. Sie ließen letztendlich einen Engel vom Himmel herabsteigen, der die Opferung Isaaks durch Abraham verhinderte. Diese Art der Rabulistik ist höchst bemerkenswert weil auch heute im öffentlichen Leben noch weit verbreitet! Als Ersatz für die Opferverweigerung wurde Isaak am achten Tag beschnitten und ein Lamm als Opfer dargebracht. Dieser archaische Ersatzbrauch hat sich durchgesetzt und bis heute gehalten.

 

Wir können nun in Deutschland nicht allein zwei Weltreligionen von ihrem archaischen Ritus per Gesetz in kurzer Zeit abbringen, aber wir sollten immer und immer wieder unsere Auffassung von der Würde des Menschen vor Gott und den Menschen darstellen  und verteidigen und so darauf hinwirken, dass die Debatte über die Beschneidung in den Religionen selber in Gang kommt. Vielleicht findet sich ja doch dort ein glaubwürdiger Prophet, der nach fast 4000 Jahren den beiden Weltreligionen wieder einen Engel oder besser gleich zwei schickt, die den Gläubigen den kopfschüttelnden Unwillen des Erschaffers dieser Welt überbringen:

 

"Ich habe den Menschen nach meinem Willen in seiner Form vollkommen erschaffen.

Die Beschneidung beleidigt mein Wirken und meine Würde!

Sie macht mich  zum Götzen einer um das goldene Kalb tanzenden Menge!"

 

Das ist hart aber offenbar notwendig.

 

Sie sehen, verehrte gnädige Frau, dass das Problem der Beschneidung durchaus kein Thema für kabaretthafte Komik ist. Wir müssen die durch religiöse Erziehung geprägte Gedankenwelt vieler unserer Mitbürger durchaus ernst nehmen und diesen Menschen helfen, einen rationaleren Bezug zur unserer Welt zu finden. Geben wir ihnen und ihren Religionen in einer gesetzlichen Regelung Zeit, ihre Riten zu überdenken und Ersatz für sie zu finden. Eine temporär eingefärbte Vorhaut täte es doch auch!

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Ulrich Perwass   

 

p.s.:

Hier noch ein interessanter Gesichtspunkt, den Hadi G. in einem Leserbrief an die Westfalenpost vom 19.07.2012 (Seite 2) äußerte. Demnach ist das Kupieren der Rute eines Hundes in Deutschland nach §6 Tierschutzgesetz seit 1998 grundsätzlich verboten. Auszug aus § 6 Tierschutzgesetz:

(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.

 

pp.s.:

Mit großer Mehrheit verabschiedete der Bundestag der Bundesrepublik Deutschland am Donnerstag, den 19. Juli 2012 eine Resolution, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, bis zum Herbst 2012 einen Gesetzentwurf zur Beschneidung vorzulegen, in dem "eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig" ist. Weiterhin heißt es dort, dass das Kindeswohl, die körperliche Unversehrtheit, die Religionsfreiheit sowie das Erziehungsrecht der Eltern berücksichtigt werden müssen.

 

ppp.s.:

Peter Mühlbauer hat die Ergebnisse der Beschneidungsforschung des Historikers Wolffsohn unter folgendem Link veröffentlicht:

 

Wolffsohn relativiert Bedeutung der Beschneidung im Judentum

 

pppp.s.:

Hier finden Sie den Originalartikel von Prof. Dr. Michael Wolffsohn:

 

Taufe statt Beschneidung? Die Fakten zur „deutschen Debatte“

 

ppppps:

Prof. Dr. Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht an der Universität Hamburg und Mitglied des Deutschen Ethikrates, hat in einem bemerkenswerten Artikel in der Süddeutschen Zeitung am 25. August 2012 seine Ansicht zur Beschneidung dargelegt:

Die Haut eines Anderen

Er verneint einen Grundrechtskonflikt zwischen dem Freiheitsrecht der Eltern auf ungestörte Ausübung ihrer Religion und dem Integritätsrecht des Kindes auf seine körperliche Unversehrtheit, da kein Freiheitsrecht es gestattet, in den Körper anderer einzugreifen. Das bedeutet, dass es gar keinen Grundrechtskonflikt geben kann, weil es keinen Abwägungsspielraum gibt. Mit meinen Worten: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Lösung des Beschneidungsproblems kann daher nur ein jüdisch-muslimisches Sonderrecht sein, das zwar ein Sündenfall des Rechtsstaats sei, das aber aufgrund der spezifischen Sensibilität gegenüber den jüdischen Belangen ihm zumindest zeitweise zugemutet werden muss, bis in einem Anpassungsprozess eine bessere rechtliche Lösung sich herausbilden kann.  Dieser Anpassungsprozess muss auch den Religionen zugemutet und von ihnen gefordert werden.

 

Lesen Sie bitte hierzu meinen Gesetzentwurf zur Beschneidung.

 

Prof. Dr. Reinhard Merkel,

Professor für Strafrecht an der Universität Hamburg und

Mitglied des Deutschen Ethikrates:

Die Haut eines Anderen

Beschneidung von Jungen ist religiöses Sonderrecht

Ein kläglicher Gesetzentwurf

 

pppppps:

Machen Sie sich selbst ein Bild von dem "kleinen Schnitt" einer Beschneidung:

Video einer Beschneidung

 

 

 

 

Bitte lesen Sie auch:

 

Würdeschnitt à la Dumont

Entwurf eines Gesetzes zur Beschneidung

 

 

Trilogie Würdemord:

Vor eigener Tür

Ehrenmord und Würdemord

Würdemord!

Mord aus höchsten Beweggründen

Würdemord - Begriffsdefinition

 

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